Der Trost der Rache : Roman

Steiner, Wilfried, 2017
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Medienart Buch
ISBN 978-3-7099-7276-2
Verfasser Steiner, Wilfried Wikipedia
Systematik DR - Romane, Erzählungen, Novellen
Schlagworte Geschichte, Liebe, Schuld, Vergeltung, Chile
Verlag Haymon
Ort Innsbruck
Jahr 2017
Umfang 274 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Wilfried Steiner
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Simone Klein;
Atmosphärisch dichte Geschichte einer Vergeltung. (DR)
Nachdem sich Wilfried Steiner in den drei Vorgänger-Romanen dem Künstlerleben der frühen Moderne gewidmet hat, rücken im vorliegenden Werk politische (Un-)Taten in den Fokus. Das offenbart sich allerdings nicht gleich, denn "Der Trost der Rache" beginnt als humoriger Reiseroman: Adrian, der recht sympathische Ich-Erzähler, als Künstler auf halbem Weg steckengeblieben, verdient nunmehr als Beamter für Kunstförderung seine Brötchen. Ihm ist die Astronomie als einzige Leidenschaft geblieben, und so rafft sich der Reisemuffel eines Tages auf, sich seinen Herzenswunsch zu erfüllen und gemeinsam mit seiner Frau Karin, einer selbstbewussten Psychotherapeutin mit starker Neigung zu Wilhelm Reichs Orgon-Theorie, das Gran Telescopio Canarias in La Palma zu besuchen.
Zur dramatischen Wende kommt es, als das Paar dort auf Sara Hansen trifft, deren Familiengeschichte nach Chile führt, wodurch wir es plötzlich mit dem Militärputsch von 1973, durch den Pinochet an die Macht kam, zu tun bekommen. Saras Familie hatte mit dem gestürzten Präsidenten Allende sympathisiert. Als Sara das Ehepaar als Wegweiserin zum Teleskop begleitet, trifft sie ausgerechnet dort auf jenen "alten Bekannten" aus Chile, der ihre Familie auf dem Gewissen hat. Sara beschließt, ihren Trost in der Rache zu finden, womit der Polit-Krimi seinen Lauf nimmt.
Allerdings stellt Steiner parallel zur Handlung eine schwerwiegende Gewissensfrage: Ist erlittenes Unrecht eine ausreichende Legitimation, Selbstjustiz zu üben, wenn die staatliche Gerichtsbarkeit versagt? Durch die geschickte Verquickung von Aktion und Reflexion vermag Steiner gewiss eine breite Leserschicht anzusprechen, wodurch das Buch für jeden Bibliotheksbestand geeignet ist.

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Quelle: Literatur und Kritik;
Autor: Helmuth Schönauer;
Der Trost der Rache
Wilfried Steiners Roman »Der Trost der Rache«
Das Weltall und die Geschichte haben, zumindest wenn es nach dem Volksmund geht, eines gemeinsam: Die dunkle Materie in Gestalt von dunklen Löchern!
Wilfried Steiner knackt die Empfindsamkeit seines Helden Adrian mit dem rasanten Tod eines Onkologen. Im Roman Der Trost der Rache stirbt der Vater Adrians an Krebs, obwohl er als Onkologe diesen ja vom Wissen her hätte zähmen müssen. Adrian geht es nicht mehr aus dem Kopf, dass wir letztlich nichts wissen und von Dunkelheit umgeben sind. Als Trauerarbeit wird er mit seiner Frau Karin auf die Kanareninsel La Palma reisen, um endlich durch das große Teleskop zu blicken, was seine Hobbykarriere als Astronom veredeln und zur allgemeinen Beruhigung beitragen soll.
In Las Palmas gibt es neben den Saisontouristen vor allem Auszeit-Touristen, die sich von einem anstrengenden Leben erholen und dabei Klarheit über sich selbst gewinnen möchten. Auf der Suche nach dem Weltall tut sich vor allem die chilenische Vogelforscherin Sara hervor, die auch bald ihr Geheimnis lüftet. Sie ist unter Pinochet gefoltert worden, und ihre Schwester hat man zum Verschwinden gebracht, wie diese schreckliche Fügung heißt.
Rund um das Teleskop im Hinterland der Insel kommt es schließlich zur Zuspitzung. Der ehemalige Folterer arbeitet als Astronom, und hat eine Scheinidentität aufgebaut. Aber Sara hat ihn im Auge, um sich an ihm zu rächen. Überhaupt ist das Teleskop-Personal von historisch fragwürdiger Herkunft. Ein spanischer Chauffeur entpuppt sich durch ein Tattoo als Angehöriger einer Widerstandsbewegung, welche offene Fälle aus Francos Zeiten den Gerichten zuführen, wenn nicht gar selbst rächen will.
Im Kapitel-Dreischritt »Das Verschwinden«, »Die Verschwundenen«, »Die Vergeltung« kommt es im letzten Teil zum Showdown im wahrsten Sinne des Western-Wortes. Bei einer Führung zum Teleskop soll der ehemalige Folterknecht Pinochets erschossen werden.
Adrian ist begeistert von dieser Idee, dass man endlich auf der Erde Tabula rasa macht, anstatt ständig in die Unendlichkeit des Weltraums zu glotzen. Wie es bei Attentaten üblich ist, gehen sie ganz anders aus als geplant. Auch dieser Akt von Selbstjustiz läuft aus dem Ruder. Adrian steht plötzlich im Mittelpunkt historischer Verquickungen, die ihn ursprünglich nichts angehen. Er fällt in den Fokus eines Rachewerks, wie Sternenlicht ins Teleskop einfällt. Das genaue Ende soll hier aus Respekt vor dem Plot nicht verraten werden.
Wilfried Steiner nimmt die Dramaturgie eines Abenteuer-Krimis als Gerüst, um darin didaktisch unauffällig allerhand Bildungsgut unterzubringen. So wird der Putsch Pinochets 1973 in Chile aufgerollt als Erinnerung, das heißt mit subjektiven Macken versehen. Dabei läuft zwischendurch auch die Militärjunta in Argentinien ins Erinnerungsbild, das subjektive Erinnern ist eben etwas anderes als die Vermessung durch die Geschichtswissenschaftler.
Auch die anarchistisch organisierte Widerstandsgewerkschaft CNT ist außerhalb Spaniens kaum ein Begriff. Diese gut getarnte Bewegung bemüht sich hartnäckig, die Gräueltaten Francos an den Pranger zu stellen und historische Aufarbeitung in die Wege zu leiten. Wie explosiv diese Diskussionen sein können, zeigt der aktuelle Katalonien-Konflikt, dessen Wurzeln im nicht aufgearbeiteten Geröll der Franco-Ära verschüttet sind.
Es gibt diese Grauzone zwischen subjektiver Erkenntnis und wissenschaftlicher Katalogisierung der Vorgänge. Das Weltall mag als Musterbeispiel für das Unerklärliche dienen. »Die Welterklärer sind nicht lange zufrieden mit ihrer Dunklen Materie. [] Wir folgern daraus, dass das Universum zu fünfundneunzig Prozent mit etwas völlig Unerklärlichem gefüllt ist.«
Während man als Leser den Plot durchrast, hat sich das eigene Wissen schon wieder erweitert wie der Weltraum. Eine elegante Erzählform.

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Quelle: Pool Feuilleton;
Das Weltall und die Geschichte haben, zumindest wenn es nach dem Volksmund geht, eins gemeinsam: Die dunkle Materie in Gestalt von dunklen Löchern!
Wilfried Steiner knackt die Empfindsamkeit seines Helden Adrian mit dem rasanten Tod eines Onkologen. Im Roman "Der Trost der Rache" stirbt der Vater Adrians an Krebs, obwohl er als Onkologe diesen ja vom Wissen her zähmen hätte müssen. Adrian geht es nicht mehr aus dem Kopf, dass wir letztlich nichts wissen und von Dunkelheit umgeben sind. Als Trauerarbeit wird er mit seiner Frau Karin auf die Kanareninsel La Palma reisen, um endlich durch das große Teleskop zu blicken, was seine Hobbykarriere als Astronom veredeln und zur allgemeinen Beruhigung beitragen soll.
In Las Palmas steht vorerst das Weltall weniger im Focus als eine chilenische Vogelkundlerin. Sara lüftet bald ihr Geheimnis, sie ist unter Pinochet gefoltert worden, und ihre Schwester hat man zum Verschwinden gebracht, wie diese schreckliche Fügung heißt. Rund ums Teleskop kommt es schließlich zur Zuspitzung. Der ehemalige Folterer arbeitet als Astronom, ein spanischer Chauffeur entpuppt sich durch ein Tattoo als Angehöriger einer Widerstandsbewegung, die offene Fälle aus Franos Zeiten rächen muss.
Im Kapiteldreischritt Das Verschwinden, Die Verschwundenen, Die Vergeltung kommt es im letzten Teil zum Showdown im wahrsten Sinne des Westernwortes. Bei einer Führung zum Teleskop soll der ehemalige Folterknecht Pinochets erschossen werden. Adrian ist begeistert von dieser Idee, dass man endlich auf der Erde Tabula rasa macht, anstatt ständig in die Unendlichkeit des Weltraums zu glotzen. Wie es bei Attentaten üblich ist, gehen sie ganz anders aus als gepla b83 nt. Das genaue Ende darf hier nicht verraten werden.
Wilfried Steiner nimmt die Dramaturgie eines Abenteuer-Krimis als Gerüst, um darin didaktisch unauffällig allerhand Bildungsgut unterzubringen. So wird der Putsch Pinochets 1973 in Chile aufgerollt als Erinnerung, das heißt mit subjektiven Macken versehen. Dabei läuft zwischendurch auch die Militärjunta in Argentinien ins Erinnerungsbild, das subjektive Erinnern ist eben etwas anderes als die Vermessung durch die Geschichtswissenschaftler.
Auch die anarchistisch organisierte Widerstandsgewerkschaft CNT (73) in Spanien versucht immer noch vergeblich, die Gräueltaten Francos an den Pranger zu stellen und historische Aufarbeitung in die Wege zu leiten.
Es gibt diese Grauzone zwischen subjektiver Erkenntnis und wissenschaftlicher Katalogisierung der Vorgänge. Das Weltall mag als Musterbeispiel für das Unerklärliche dienen. "Die Welterklärer sind nicht lange zufrieden mit ihrer Dunklen Materie. [] Wir folgern daraus, dass das Universum zu fünfundneunzig Prozent mit etwas völlig Unerklärlichem gefüllt ist." (129)
Während man als Leser den Plot durchrast, hat sich das eigene Wissen schon wieder erweitert wie der Weltraum. - Eine elegante Erzählform.
Helmuth Schönauer

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