Papierklavier

Steinkellner, Elisabeth, 2020
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Medienart Buch
ISBN 978-3-407-75579-7
Verfasser Steinkellner, Elisabeth Wikipedia
Beteiligte Personen Gusella, Anna Wikipedia
Systematik JE - Erzählungen
Schlagworte Diversität, Freundschaft, Toleranz
Verlag Beltz und Gelberg
Ort Weinheim
Jahr 2020
Umfang [140] S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Elisabeth Steinkellner. Ill. von Anna Gusella
Illustrationsang Ill.
Annotation Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/);
Autor: Heidi Lexe;
ÖKJB-PREIS 2021: Hoch erhobenen Hauptes entzieht sich die 16-jährige Maia jenen gesellschaftlichen Normierungen, die herkömmliche Schönheitsideale oder ein traditionelles rollenspezifisches Verhalten vorgeben. Um speziellen Dresscodes zu folgen, ist ohnedies zu wenig Geld da. Ihre alleinerziehende Mutter tut zwar alles, um sich und die drei Töchter über Wasser zu halten, es reicht aber trotzdem hinten und vorne nicht. Doch allen schwierigen Rahmenbedingungen zum Trotz gelingt es Maia, ein geglücktes Leben zu führen weil sie nicht allein ist, sondern Freunde hat, auf die sie zählen kann. In formal außergewöhnlicher Form erzählt dieses Tagebuch von weiblicher Pubertät in all ihren Widersprüchlichkeiten. Der präzise formulierte Text bleibt in seinem Tonfall vordergründig eher zurückhaltend, während die wild anmutenden schwarz-türkisen Kreideillustrationen und Schriftzüge viel Raum in Anspruch nehmen, Seitengrenzen sprengen, Maias Gefühle mit einer vielgestaltigen, lauten Bildsprache in starke Emotionen übersetzen. Zusammen ergeben die in Handschrift gesetzten Worte und die Zeichnungen eine starke Stimme für mehr Diversität und ein Manifest dafür, sich wohlzufühlen in der eigenen Haut, im eigenen Leben, auch, wenn es nicht der Norm entspricht. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht wir.
Eine Saite anschlagen. Ihrem Nachhall lauschen. Im luftleeren Raum. Obwohl das physikalisch unmöglich ist. Doch es geht nicht um Physik, wenn am Papierklavier das Tastenspiel nur markiert wird, und dennoch eine Melodie erklingt. Eigentlich ist es ein wildes, fröhliches Stück, aber so langsam und leise, wie Heidi es jetzt vor sich hin summt, klingt es beinahe wie ein Trauerstück.
In sprachlich faszinierender, eindeutiger Uneindeutigkeit folgt Elisabeth Steinkellner den Tagebucheintragungen ihrer Protagonistin Maia. Benannt nach einer matronenhaften Göttin der Fruchtbarkeit, spielt Maia ihre weibliche Unerschrockenheit aus, wenn sie ihr Leben in den Blick nimmt. Es ist kein Leben im Olymp, sondern viel eher in einer Welt, die gut und gerne als Saftladen bezeichnet werden könnte schon alleine deswegen, weil Maia in einem solchen arbeitet. Und das wohl nur (so vermutet sie selbst), weil sie mit ihrem grafischen Talent für wunderbare Werbetafeln vor dem Geschäft sorgt. Dieses grafische Talent prägt auch das Erscheinungsbild ihres Tagebuchs und damit das Erscheinungsbild des Romans. Es handelt sich weniger um ein durchgetimtes Was bisher Geschah, als vielmehr um ein sprachliches wie illustratorisches Scribblebook. Assoziativ hält Maia Situationen, Begegnungen und Beobachtungen fest, die mitten hinein in eine emotionalen Ausnahmesituation gestellt sind: Oma Sieglinde ist gestorben. Jene zugewandte, lebenspraktische Nachbarin, die Maia und ihren beiden Schwestern Ruth und Heidi ein Lebensanker war. Zurück bleibt das verkorkste Leben, das die Mutter den Geschwistern beschert. Zurück bleibt aber auch das Zebra, das Klavier, auf dem Oma Sieglinde der musikalisch begabten Ruth das Klavierspielen ermöglicht hat. Jede Taste ist mit einer anderen Erinnerung belegt. Wie könnte Maia es schaffen, Ruth weiterhin Klavierunterricht zukommen zu lassen?
Diese Frage steht im Zentrum jener scheinbar ungeordneten Lebensfülle, die sich in der Vielfalt der genutzten Textsorten (vom Witz über den Dialog bis hin zu lyrischen Passagen) gleichermaßen spiegelt wie in der Gestaltung des Erzählraums: Die Gedanken- und Gefühlswelt Maias wird illustratorisch in zweifarbige, einander überlagernde Bildimpulse übersetzt. Deren Zartheit, Wildheit, Ausschnitthaftigkeit und Expressivität greifen Maias wortgewandtes Understatement gleichermaßen auf wie die Tonlagen ihres Erzählens. Maias Art entsprechend, Paratexte einzufügen (Solltest du das hier gerade lesen, Ruth, leg es SOFORT wieder weg), Schriften zu erproben, Worte-Signale zu setzen, Textpassagen herauszustreichen, auszustreichen oder umzuändern, wird der Text zum haptischen Hybrid aus Schriftsprache, Bildsprache und Schriftbildern. Das analoge Moment, so beschreibt Anna Gusella auf ihrer Homepage, führt zu illustratorischen Zufällen. Dieserart wird ein permanentes Versuchsstadium suggeriert und die Sinnlichkeit des Erzählten weitergedacht. Denn gerade Körperlichkeit und deren Wahrnehmung prägen Maias Text auf besondere Weise. Wie nebenbei greift Elisabeth Steinkellner tabuisierte Genderaspekte auf und bricht mit der jugendliterarischen Konvention zu erklären, zu deuten und einzuordnen. Mit Sprachwitz werden Irritationen vom erzählerischen Tisch gewischt und Maias Freund_innen zum integrativen Bestandteil eines Lebens, in dem man ab und an ein dickes Fell braucht. In Übergröße.

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Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Cornelia Gstöttinger;
Ermutigung, sich selbst und das Leben schön zu finden. (ab 15) (DR)
Erneut verleiht die österreichische Autorin Elisabeth Steinkellner, die sich mit zahlreichen empfehlenswerten Publikationen am Kinder- und Jugendbuchmarkt einen Namen gemacht hat, einer jugendlichen Protagonistin eine authentische Erzählstimme: Maia, 16, schreibt Tagebuch. Oma Sieglinde, eine liebevolle Nachbarin, hat es ihr geschenkt. Nun ist sie tot. Maia und ihre beiden jüngeren Schwestern versuchen mit dem Verlust umzugehen. Am härtesten trifft es die kleine Heidi, die nicht nur eine fürsorgliche Ersatzoma, sondern auch ihre Klavierlehrerin verloren hat. Einstweilen wird auf dem "Papierklavier" geübt, bis die neben der Schule Doppelschichten schuftende Maia das Geld für Klavierstunden beisammen hat.
In Maias kurzen Tagebucheinträgen steckt so viel Atmosphäre, so viel Alltag, so viel Leben, wie es nur eine Elisabeth Steinkellner in wenigen Worten treffsicher einzufangen vermag. Schon nach wenigen Seiten hat man sich festgelesen, findet viel Zitierenswertes in diesen Zeilen, die voller Poesie und Melancholie sind. Maias Gefühlshaushalt kann man in den ausdrucksstarken Skizzen von Anna Gusella nachspüren, die perfekt mit dem Text harmonieren und seine Stimmung weitertragen.
Leicht hat es Maia nicht, ihre Mutter ist alleinerziehend, manchmal gibt der Kühlschrank nichts als "Licht und Senf" her. Trotzdem lässt sich die Teenagerin - sie trägt Kleidergröße 42 und muss sich oft gemeine Kommentare anhören - nicht unterkriegen vom manchmal tristen Alltag. Vielmehr macht sie sich auf die Suche nach den kleinen Glücksmomenten und beschließt, das Leben mit seinen Höhen und Tiefen schön zu finden. Denn: "Irgendwo muss ja mal irgendwer damit anfangen, sich wohlzufühlen, in der eigenen Haut, im eigenen Leben, auch, wenn es nicht der Norm entspricht."
Eine Stütze sind ihr dabei ihre Freundinnen: die schöne, (im guten Sinn) abgedrehte Alex und Carla, die an der Uni Engelbert ist.
Das ist das echte Leben abseits von Posertum und Likes auf Selbstdarstellungsplattformen. Ein besonderes Buch mit einer starken Botschaft, ein Plädoyer für mehr Diversität. Mutig, ermutigend und tröstend wie die Umarmung der besten Freundin. Allen Büchereien ans Herz gelegt!

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Quelle: STUBE (http://www.stube.at/);
Seitenweise 2020
Elisabeth Steinkellner hat einen romantischen Roman geschrieben. Stimmt das? Eigentlich ist es kein Roman, sondern ein fein illustriertes Skizzen-Tagebuch. Und romantisch ist die Erzählung von Maia, 16 Jahre, älteste Schwester von dreien, Ersatzmutter und Saftladenangestellte, eigentlich auch nicht. Mit Blick auf die unprätentiös eingeflochtenen Motive der feministischen, queeren und Body- 8a8 Positivity-Bewegung wird wohl eher das postromantische Zeitalter eingeläutet. Denn in dem Buch werden nicht Gefühle beschrieben. Es ist ein Gefühl. Und genau hier wird es romantisch im Sinne der Literaturepoche: Durch fragmentiertes Erzählen und einer unabgeschlossenen Suche nach dem Ich entsteht ein Bild-Text-Geflecht, das die Frage nach der eigenen Identität ernst nimmt und dabei bläulich-leicht sowie eindeutig ziemlich schön ist.
*STUBE*

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